Dieselfahrverbote: Eine Erklärung

Seit einigen Monaten ist klar, dass Städte und Gemeinden Fahrverbote für Dieselfahrzeuge verhängen dürfen. In der Folge wurden in einigen Städten bereits Straßen für Dieselfahrzeuge, die nicht die Euro 6 Norm erfüllen, gesperrt. Der Preis für Dieselfahrzeuge auf dem Gebrauchtwagenmarkt  sinkt und einige Fahrzeughersteller wenden sich vom Dieselmotor ab.  Aber wie konnte es dazu kommen und warum wird der Diesel jetzt verteufelt? Ich versuche mich einmal an einer Erklärung, um etwas Licht ins Dunkle zu bringen, damit vielleicht ein bisschen weniger Unwissenheit zu diesem Thema herrscht, über das zwar jeder redet, aber die wenigsten verstehen.

Der Dieselmotor – Die Wurzel allen Übels?

In Artikeln und Beiträgen zum Fahrverbot für Dieselfahrzeuge werden diese sowohl von Journalisten als auch zitierten Politikern oft als „Luftverpester“ und „Drecksschleudern“ bezeichnet. Dabei ist diese Bezeichnung nicht richtig und in keinem Falle angemessen. Der Dieselmotor erfreute sich in Deutschland jahrelang großer Beliebtheit. Gerade bei Vielfahrern war er sehr beliebt, weil er in den meisten Fällen weniger Kraftstoff als sein Pendant mit Benzinmotor verbraucht. Dementsprechend liegt auch der CO2 Ausstoß niedriger, da diese beiden Größen gekoppelt sind. Nur zur Erinnerung: CO2 ist das Gas, das unter anderem für den Klimawandel verantwortlich ist und dessen Ausstoß seit Jahren bei so gut wie allem aus diesem Grund minimiert werden soll (Es sei denn man ist amerikanischer Präsident, Republikaner oder AfD Anhänger: Dann findet man, dass CO2 gar nicht schlimm ist und Wirtschaftszweige, wie die Kohleindustrie, gefördert werden müssen). Der Hintergrund, warum ein Diesel weniger Kraftstoff benötigt und deshalb auch weniger C02 emitiert ist, dass er einen höheren Wirkungsgrad als der Benzinmotor hat. Das heißt, er wandelt mehr von der im Kraftstoff gespeicherten Energie in Bewegungsenergie um, als ein Benzinmotor. Die Verbrennung erfolgt vollständiger und bei höheren Temperaturen. Dadurch entstehen jedoch vermehrt Stickoxide. Stickoxide (NOx) reizen die Atemwege und stehen im Verdacht krebserregend zu sein. Das heißt verkürzt formuliert: Der Dieselmotor stößt weniger klimaschädliches CO2 aus, jedoch emitiert er mehr gesundheitsschädliche Stickoxide.

Technisch ist es mittlerweile durch eine entsprechende Abgasnachbehandlung möglich die Menge der ausgestoßenen Stickoxide zu reduzieren. Dies funktioniert mit einem zusätzlichen Betriebsstoff, dem sogenannten AdBlue. Dieser muss ähnlich wie Benzin oder Diesel bei Zeiten nachgefüllt werden.

Ein weiterer Punkt, der für einen Vergleich zwischen Benzin- und Dieselmotor beachtet werden muss, ist der Vergleich der Herstellung von Benzin und Diesel. Im Diesel finden sich schwerere Anteile des Öls, die für die Benzinproduktion nicht genutzt werden können und dort als „Abfall“ übrig bleiben. Damit sind Benzin- und Dieselproduktion immer aneinander gekoppelt und der eine kann schwerlich ohne den anderen. Letzter Punkt ist die Rußemision. Diese war vor einigen Jahren ein Umstand, der für heftige Kritik am Diesel gesorgt hat. Mittlerweile müssen jedoch alle Dieselfahrzeuge mit einem Partikelfilter ausgestattet sein, sodass dieses Problem beseitigt wurde. Anders sieht es teilweise bei modernen Benzinmotoren aus, die durch Direkteinspritzung vermehrt Partikel ausstoßen und die erst seit dem 01.09.2018 mit der Abgasnorm 6c einen Partikelfilter benötigen.

Worum geht es in der aktuellen Diskussion?

Das Problem, was diskutiert wird, sind die erhöhten Stickoxidwerte in vielbefahrenen Städten. Dort erreichen die gemessenen Werte insbesondere an Stellen, wie Kreuzungen, Werte, die über den für den Menschen unbedenklichen Grenzwerten liegen. Ältere Diesel, die nicht die neue Norm 6 erfüllen, emittieren besonders viel diese Gase, weshalb für diese Fahrzeuge die Fahrverbote gelten.

Wirklich aktuell geworden ist das Thema „schmutziger Dieselmotor“ erst mit den Enthüllungen zuen Abgasmanipulationen beim VW Konzern. Durch die Implementierung einer Software zur Erkennung des Prüfstands in der Motorensteuerung konnte die Abgasnachbehandlung verändert werden. Das bedeutet, dass das Auto erkannt hat, wenn es sich auf einem Prüfstand befanden (Nur die angetriebenen Räder drehen sich, keine Lenkbewegung  etc.) und in diesem Fall die Abgasnachbehandlung vollständig aktiviert hat. Im Straßenverkehr wurde diese dann häufig zurück gefahren und lief nur zeitweise. Dadurch senkte sich der Spritverbrauch etwas und der Kunde musste seltener den notwendigen Harnstoff, AdBlue, nachfüllen.

Im Nachhinein war dies vermutlich der Auslöser der heutigen Debatte und somit nicht nur für VW ein riesen Problem, sondern für die gesamte Automobilindustrie, die gerade in Deutschland und Westeuropa stark auf Dieselfahrzeuge gesetzt hat. Um aktuelle Fahrzeuge zu „retten“ sind nun Nachrüstungen im Gespräch. Es gibt die Version, bei der die Software des Motorsteuergeräts verändert wird, sowie Hardwarenachrüstungen. Während Software Änderungen den Stickoxidausstoß um rund 30% reduzieren können, soll eine Hardwarenachrüstung bis zu 70% weniger Emissionen versprechen. Dabei handelt es sich dann um größere AdBlue Tanks, sodass der Harnstoff häufiger genutzt werden kann oder aber ein neuer Katalysator inklusive eines AdBlue Tanks, um die Abgasnachbehandlung auch bei Fahrzeugen zu ermöglichen, die diese bisher nicht implementiert haben. Bei der Machbarkeit und den Kosten unterscheiden sich dann jedoch die Meinungen der Hersteller und Umweltverbände bzw. dem ADAC. Letztere sind der Meinung, dass Hardwarenachrüstungen notwendig und mit vergleichsweise wenig Aufwand möglich wären, wohingegen die Hersteller dem kritisch gegenüber stehen. Grund dafür ist, dass für jedes Teil am Auto Tests durchgeführt werden müssen. Diese sind extrem aufwendig, da alle möglichen Eventualitäten und auftretenden Situationen abgedeckt werden müssen. Diese müssten auch für die nachgerüsteten Komponenten und für eventuell geänderte Teile durchgeführt werden, da der Hersteller sonst für nichts garantieren kann. Die Hersteller testen ihre Systeme auf alle denkbaren Situationen, was einen enormen Aufwand nach sich zieht, da diese Tests für viele Fahrzeuge durchgeführt werden müssten. Dazu kommt, dass ein modernes Auto so viele Komponenten enthält, dass teilweise einfach kein Platz für einen zusätzlichen Tank oder ähnliches ist. Insbesondere ein AdBlue Tank kann nicht beliebig platziert werden, da der Harnstoff beispielsweise sehr temperaturanfällig ist. Die Tanks müssen beheizbar sein, was einer freien Platzierung bzw. Modellierung im Weg steht. Bei Neufahrzeugen sieht es etwas anders aus. Dort kann während der Entwicklung bereits Platz dafür geschaffen werden und alle Komponenten werden berücksichtigt.

Die beiden Themen „Schummeldiesel“ und „Fahrverbote“ werden dabei jedoch häufig in einen Topf geworfen. Dabei handelt es sich dabei um verschiedene Dinge. Im ersten Fall geht es um manipulierte Abgastests und im anderen Fall um erhöhte Stickoxidwerte in vielbefahrenen Städten. Letzteres betrifft jedoch alle älteren Dieselfahrzeuge. Auch diese, die zu ihrer Zeit rechtmäßig zugelassen wurden. Dementsprechend schwierig gestaltet sich die Bewertung der aktuellen Situation. Eine Nachrüstung aller älteren Modelle ist technisch nicht realisierbar und fällt deshalb so gut wie weg. Bei einigen Modelle lassen sich softwareseitig Verbesserungen implementieren, aber für den Großteil der Fahrzeuge kommt auch diese Lösung nicht in Frage. Die neueren Dieselfahrzeuge erfüllen die niedrigere Grenzwerte, einzig der Übergang ist schwierig zu gestalten. Aus diesem Grund (Achtung: Meinung!) ist die unpopuläre Umtauschprämie, die ähnlich wie die Abwrackprämie funktioniert, vermutlich die einzige gangbare Möglichkeit. Dadurch kann der Umstieg von älteren Dieselfahrzeuge auf Neuere beschleunigt werden.

Hat der Dieselmotor eine Zukunft?

Die Dieseltechnologie gänzlich abzuschreiben wäre töricht. Gerade im Kontext mit sinkenden Grenzwerten für den CO2-Flottenverbrauch stellt er ein wichtiges Mittel dar. Die Hersteller arbeiten an neuen Elektrofahrzeugen, die die Luftverhältnisse zumindest innerhalb der Städte deutlich reduzieren. Für einen massenhaften Umstieg fehlt jedoch schlicht die Infrastruktur. Ladestellen für Elektrofahrzeuge sind häufig sehr rar und bislang ist wenig standardisiert.

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